Mayeso - Versuche

Von 11. bis 13. Mai herrschte in der Tsabango Primary School Ausnahmezustand: „Tichita mayeso!“ - wörtlich übersetzt „Wir machen Versuche!“ …

Das Nomen „mayeso“ leitet sich von dem Verb „kuyesa“ (=versuchen) ab. Es steht allerdings für Prüfungen. Darauf will man natürlich gut vorbereitet sein!
Die außertourliche Arbeit begann mit dem Schreiben der Schulnachrichten. Mehr als 700 Schüler_innen sollten über ihr Abschneiden in den Probeprüfungen informiert werden.

Einschub: Das mag vielleicht den Anschein erregen alle Schulen in Malawi sein überfüllt. Das ist jedoch nicht der Fall. Ich kann nichts belegen, aber eine der Lehrerinnen meinte zu wissen, dass die Tsabango Primary School die zweitgrößte Schule Malawis ist. Ich selbst habe schon eine andere öffentliche Primary School besucht. In dieser, der Kang'oma Primary School, findet jeder Schüler Platz in einer Klasse und es gibt nur 2 Klassen der ersten Schulstufe. Anders hingegen unsere liebevoll genannte Tsaba mit einer uns unbekannt, aber sicher höheren Anzahl an Erstklässlern.

Insgesamt gab es in den 6 Disziplinen der Probeprüfung 600 Punkte zu erreichen. Die Schüler_innen wurden je nach ihren erreichten Gesamtpunkten gereiht und Positionen vergeben.

Am darauffolgenden Dienstag verwunderte mich ein Karton. Ein Karton, der einen der Plastiksessel erhalten hatte – es musste sich etwas wichtiges darin befinden. Neugierig fragte ich nach. In ihm verbargen sich Identitätskarten mit Zubehör. Sie werden erst seit letzten Jahr vergeben, und wurden von den Schülern_innen für umgerechnet 1,30 €selbst erstanden. Mir wurde gesagt, sie dienen der Überwachung und Beendigung des Schummlerwesens. Man will also dem Abgeben von falschen Namen entgegenwirken. Ohne die Karte darf man nicht antreten. Jedenfalls waren wir Lehrer innerhalb von zwei Stunden mit dem Präparieren der Karten fertig und es ging daran, die Karten auszugeben. Einige Kinder hatten uns schon eine Weile beobachtet und als es hieß, alle Mädchen sollen sich versammeln brach die Freude nur so aus ihnen heraus. Die Burschen wurden vorerst außen vorgelassen. Doch als auch sie zusammengerufen wurden, war ein Gegröle zu hören, sie schlugen an die Blechwände der Klasse und sie sprangen auf Tische. Typische Gruppenreaktion, - wie man es von Halbstarken gut kennt. Ihr Gehabe veranlasste selbst routinierte Lehrer zum belustigen Kopfschütteln. Die Lehrer selbst hatten aber auch ihren Spaß. Einige fanden Gefallen an den mitgelieferten Bändern und Gummiringerln. Als modisch schick gilt es Gummiringe als Armband zu tragen, jedoch hatte ich diese Mode bis jetzt nur an Handgelenken von Kindern und Jugendlichen erspäht. Mr. Kampango fand zumindest an diesem Vormittag ebenfalls Freude daran und verschenkte auch einige der Bänder an Kinder.

Identitätskarten
Identitätskarten
Ausgeben der Karten
Ausgeben der Karten

Am nächsten Montag, an meinem freien Tag, erfuhr ich durch Zufall, dass es eine Standard 8-Tsabango-Messe gäbe. Ich machte mich gleich auf den Weg, die Abschiedsgeschenke im Gepäck, da ich befürchtete sonst nie einer dieser legendären Messen beizuwohnen. Ebenfalls fürchtete ich, meine liebgewonnen Lehrerkollegen nicht mehr vor den Ferien anzutreffen. Zur Gabenbereitung betrat ich die Kirche, in der beinahe so viele Menschen Platz gefunden hatten, wie in einer Schulmesse mit den 900 Studenten des Colleges. Die Gabenbereitung stand einer „Erwachsenen-Messe“ in nichts nach: es gab Dancing girls und Essen wurde dem Father dargebracht. Zum Friedensgruß streckten mir circa 25 Schüler eine Hand entgegen und einmal wurde ich sogar umarmt. Auch meine Sitznachbarn, die „Salas“ waren beliebte Händeschüttelparnter. Schüler kamen aus dem nichts herangetreten, machten sich mit einem „Sala!“ bemerkbar und streckten ihnen die verschmitz lächelnd die Hand entgegen.

Die Lehrer bleiben nämlich nicht ihren Schülern erhalten, sondern ihrem Standard. Vor allem der Mathematiklehrer von zwei der vier Klassen erntete viel Jubel - und das bevor er noch mit seiner Verkündigung begonnen hatte.

Am restlichen Vormittag wurden verbleibende Identitätskarten ausgegeben. Ich bedankte und verabschiedete mich recht herzlich bei den anwesenden Lehrern. Nicht alle waren gekommen, da einige in andere Schulen gerufen wurden, um dort als Supervisor der Prüfungen zu fungieren. Sie freuten sich aufrichtig über Schokolade, Kugelschreiber und Stempel, die ich ihnen schenkte.

 

Am darauffolgenden Dienstag kam ich noch ein letztes Mal, um ein letztes Mal Teil eines kleinen Chaos zu sein (bei aller Bescheidenheit: als weiße Person ist und bleibt man ein Star; vor allem wenn an sich im Chichewa sprechen übt). Um es mit anderen Worten zu sagen: die Tische und Sesseln wurden aus den Klassen geräumt und erneut schön geordnet eingeräumt, während ich ebenfalls aber kurz Unruhe stiftete, indem ich meine Chichewa-Kenntnisse preisgab. Schlussendlich traf ich in dem ganzen, geplanten Umräum-Auffruhr zwei meiner Kolleginnen. Sie überreichten mir, in fast schon feierlicher Manier, einen Chitenje und bedankten sich für die Zeit mit mir und meine Hilfe. Der Lehrer, der für das Organisieren der Umräum-Aktion zuständig war, huschte an mir vorbei und meinte: „Thank you for your presence. I'll hug you later on.“

 


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